Es ging Jahrzehntelang – nun sind sie da: Die Bauarbeiter, welche in Belps zentralen Durchfahrts-Achse definitiv Tempo-30 einrichten.
30-er-Zone in Belp, das hat seine ganz eigene Geschichte. Kommt Tempo 30? Ja. Nein. Ja. Nein. Ja. Inklusive Bundesgericht, Kläger, die nicht (mehr) in Belp wohnen und Belper, die sich dafür einsetzen, dass wenigstens beim Dorfschulhaus ein Fussgängerstreifen bleibt.
Fussgängerstreifen? Sind weltweit eingeführt, alle kennen ihre Funktion, jedes Kind lernt sie, aber: «Fussgängerstreifen sind in einer Tempo-30-Zone nur in Ausnahmefällen erlaubt», legen Bundesberner Verkehrsfunktionäre fest. Hauptsache, es ist für die Bevölkerung kompliziert.
Der Wechsel zu Tempo 30 bringt in der Bahnhofstrasse auch eine Anpassung für Parkfelder längs der Strasse. Man soll dann besser parkieren können, u.a. weil die Trottoirkante abgeflacht wird. Fahrer und Pneus freuts und «auf der Strasse finden so keine Manöver mehr statt, der Verkehrsfluss wird nicht behindert.»
Auch wird ein Mittelstreifen aufgemalt werden. «Dieser Mittelstreifen verringert die Spurbreite der Fahrzeuge und dient den Fussgängern und Fussgängerinnen zusätzlich als Hilfe beim Queren der Strasse (Wartezone).»
Die Arbeiten sollen bis Ende Mai / Anfang Juni fertiggestellt sein.
Alles wiederholt sich. Als Bertha Benz am 5. August 1888 von Mannheim nach Pforzheim fuhr, mit einem Automobil (ohne Pferde also!), brauchte es noch keine 30-er Zonen.
Danach fuhren die Autos immer schneller. Heute begreifen wir wiederum (die meisten), dass Auto +Geschwindigkeit +Wohngebiet nicht so gut zusammenpassen.
Also zurück zu langsam: «Tempo 30 erhöht die Sicherheit und Wohnqualität. Tiefere Geschwindigkeit führt zu ruhigerem Fahrverhalten und reduziert Abgas- und Lärmemissionen. Die Anzahl und Schwere von Unfällen nehmen ab, die Wege für Schulkinder sind weniger gefährlich und die langsameren Verkehrsteilnehmenden fühlen sich sicherer.»
Tempo 30 heisst für alle Verkehrsteilnehmer auch, ein paar Regeln des Zusammenspiels neu zu lernen:
- In Tempo-30-Zonen haben Fahrzeuglenker gegenüber Fussgängern Vortritt, ermöglichen ihnen jedoch das Überqueren der Strasse in angemessener Weise
- Durch die tiefere Geschwindigkeit in den Zonen wird es einfacher, auf die andere Strassenseite zu gelangen. Fussgänger sollen die Strasse an denjenigen Stellen überqueren können, wo sie sich am sichersten fühlen und wo die besten Sichtverhältnisse vorherrschen. Sie sind damit auch nicht gezwungen, allfällige Umwege in Kauf zu nehmen
- Die Benützung eines Fussgängerstreifens ist Pflicht, wenn dieser weniger als 50 Meter entfernt ist. Sofern es innerhalb von 50 Metern keinen Fussgängerstreifen hat, dürfen Sie in Tempo-30-Zonen die Strasse überall queren, aber Sie haben keinen Vortritt
- Fahrzeuge haben Vortritt: In Tempo-30-Zonen müssen Fahrzeuglenker besonders vorsichtig und rücksichtsvoll fahren, obschon sie Vortritt haben.
Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften: Höchstgeschwindigkeit 30 km/h; Fahrzeuge haben Vortritt; es gilt Rechtsvortritt (Ausnahme: andere Markierungen oder Signalisationen); Fussgänger dürfen die Strasse überall queren; es gibt keine Fussgängerstreifen (Ausnahme: wenn besondere Vortrittsbedürfnisse für Fussgänger dies erfordern oder wenn besondere Schutzbedürfnisse für sie bestehen). - So verhalten Sie sich am Steuer: Lenken Sie Ihr Auto, Motorrad oder Velo mit Köpfchen durch die Tempo-30-Zone. Verzichten Sie auf Ihren Vortritt, wenn Fussgänger die Strasse überqueren wollen: Fahren Sie besonders rücksichtsvoll und vorausschauend; suchen Sie den Blickkontakt zu anderen Verkehrsteilnehmern.
Zu Zeiten von Bertha Benz staunte man zuerst mal ab diesem Automobil. «Die Leute blieben vielfach maulaufsperrend stehen und die Droschken-, Milch- und Käsekutscher fluchten wie die Türken. Die Polizei zeigte auch keine freundliche Miene, vielleicht auch deshalb, weil das Wägele halt etwas Rauch und Gestank verbreitete», erinnerte sich Bertha Benz später an die ersten kurzen Probefahrten mit dem knatternden Automobil. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei rund 20 Stundenkilometern. Viel zu schnell nach Meinung der Mannheimer Polizei, die Carl Benz ein Fahrverbot erteilte. (deutschlandfunk.de)
Frank Pfirter meint
Haben wir uns jetzt wirklich in der neuen Tempo Zone entspannt?
Tempo 30 ist absolut OK, wenn es durchgesetzt werden kann und begleitend auch der Lärm reduziert wird. Momentan stelle ich fest, dass immer noch von etlichen Fahrzeugen die Geschwindigkeit massiv überschritten wird und diverse Auto Poser, Motorräder und Mofas vor Lärm nur so strotzen. Punkto Lärm und Geschwindigkeit ist es doch immer dasselbe: ganz wenige sind in der Lage, die grosse Mehrheit zu ärgern.
Wäre die Gemeinde zusammen mit der Polizei nicht in der Lage, hier aktiv zu werden und einen Riegel zu schieben?
Alle würden das doch ganz herzlich begrüssen!
Richard Cescatti meint
Das 20 km/h zu schnell ist sieht man daran, dass viele Menschen im Rausch der Geschwindigkeit den Kopf oder mindestens den Inhalt verlieren.
Nach der Zahl Toten und Verletzten und deren Folgen hätte man spätestens 1945 einen Fahrzeug Lockdown verordnen sollen.
Freuen wir uns doch jetzt einfach daran, dass Belp eine bunte Zone 30 erhalten.
Etwas Farbe schadet jedenfalls nicht.
Beat Haldemann meint
Was soll diese rote Malerei auf der Strasse? Wo findet man diese Malerei in der Signalisationsverordnung?
Richard Cescatti meint
Sie sind auch ohne Verordnung sehr nützlich.
Christoph meint
Hoffentlich sind die roten Flächen bei Nässe nicht rutschig.