Umweltschutz wolle man schon, aber ohne Strategiepapiere, Labels, Beratungsstelle: Das sagen 300 Stimmbürger von Belp an der Gemeindeversammlung vom 5. Dezember 2013.
Das Thema Umwelt und Energie hat immerhin 299 Belper (von 8088 Stimmberechtigten) hinter dem Ofen hervorgelockt und ins Dorfzentrum gebracht. «Ich komme ja nur wegen diesem Energie-Zeugs», hörte man auf dem Platz vor dem Eingang.
Vor den Initiativ-Abstimmungen wurden die Finanzen (Budget, Steuerfuss) geregelt, einstimmig. Man ist in Belp stolz, einen so attraktiven Steuerfuss von 1,34 zu haben. Danach fing der Abend für die meisten richtig an. Es waren eineinhalb Stunden Diskussion und «Hickhack» (wie jemand bemerkte) zwischen Links und Rechts – Basisdemokratie pur.
Links sitzen die Linken, in der Mitte die Mitte, Rechts die Rechten. Immer wieder gibts Applaus, strikt nur links oder rechts, für linke oder rechte Voten, manchmal auch leise eingemittet. Rechts lässt zwischendurch Anstand vermissen mit zynischem, bösartigem Applaus, was auch mal eine Rüge des Gemeindepräsidenten auslöst: «Anstand – ich muss schon bitten! Wir haben hier freie Wortmeldung, und das ist zu respektieren».
In der anonymen Gruppe einschüchternde Stimmung machen ist gäbiger als selber Aufstehen und ein Votum abgeben… Aber vielleicht gehört das halt zu dieser berühmten direkten Demokratie?
Immer wieder dreht sich die Diskussion um die Kernfrage, wie man Umweltschutz-Ziele denn am besten erreiche. Denn dass man «etwas machen muss», da sind sich alle einig – oder sagen es zumindest so, es gehört ja zum guten Ton heute.
Da beide Abstimmungen zusammengehören, schreibt Bäup.ch nachfolgend über beide im Mix.
Das Resultat beider Abstimmungen:
Energie-Artikel: Ja_103 | Nein_180 => Resultat: abgelehnt.
Fachstelle: Ja_102 | Nein_175 => Resultat: abgelehnt
Der Gemeindepräsident brachte die willkommene Lockerheit mitten in die Abstimmung: Alle Hände rechts sind weit oben, werden gezählt. Fast alle Hände links sind weit unten. Da fragt er den Stimmenzähler links: «Na, zählt Herr Graf?»
Ein paar Argumente PRO:
- «Wir alle können den Fehlstart des Gemeinderats in Sachen Umweltpolitik mit dieser Initiative wieder wett machen.» (BDP)
- «All die Gemeinden, welche Energiestrategien und ein Label haben, können ja nicht einfach alles falsch machen.» (SP)
- «Wieso sollen wir uns nicht in die Gemeindeordnung schreiben, dass wir uns Mühe geben wollen für den Umweltschutz?« (EVP)
- «Die Plästerlipolitik im Bereich Umwelt und Energie momentan, diese nicht ausreichenden Stellenprozente, die Tatsache dass wir uns durchaus in Ratings messen sollten mit anderen – wir brauchen die Initiative.» (BDP)
- «Wir leben auf Kosten der nächsten Generation, müssen unseren Fussabdruck wieder in den Griff bekommen.» (GLP)
- «All diese extern eingekauften Berater, die man holen wolle anstelle einer eigenen Fachstelle, wüssten es sehr zu schätzen, wenn ihnen gegenüber einer sitzen würde, der etwas von der Sache versteht.» (parteilos)
Ein paar Argumente KONTRA:
- «Dieses Label ist fast eine Beleidigung gegenüber den vielen Bauherren, die sich schon seit längerem um erneuerbare Energien in ihren Sanierungs- oder Neubauprojekten bemühen.» (Belper KMU)
- «Wir wollen ja auch Sorge tragen zur Umwelt. Aber jeder soll doch selber schauen. Irgendwie ‚es ergab sich‘, ohne Vorschriften. Ein Label bringt nur Papier, Zettel, Formulare, Umtriebe. Gesunder Menschenverstand ist das, womit wir am weitesten kommen.» (EDU)
- «Spannender wäre es, von den Initianten die Idee eines Fonds zu hören, in welchen das Geld, das diese beiden Initiativen kosten, einbezahlt würde. In zehn Jahren hätten wir vielleicht gegen 1,5 Millionen zusammen, und damit in reale Energiewende investieren zu können.» (SVP)
- …Man müsse klar sehen: es sei halt auch viel juristischer Ermessensspielraum in den Initiativtexten. Da spiegele sich auch vieles, aber nicht alles. Das Wort ‚Auftragserteilung‘ gelte es näher zu analysieren, und «was heisst schon ‚rasch‘, sind das 1 Jahr? 2? Oder 10?» Auch das Bundesgericht habe am 28.8.13 in ähnlichem Thema entschieden, dass… (FDP?) – der Schreiberling bittet um Entschuldigung, er konnte diesem Votum danach nicht mehr folgen…
Kristin Arnold (SP) von den Initianten sah nach der ersten Abstimmung ein, dass die Mehrheitsverhältnisse klar sind: «Ich möchte nun diesen Abend nicht noch verlängern. Ich möchte dem Gemeinderat einfach sagen: Es sind heute abend also immerhin 300 Leute an Umweltthemen interessiert, es muss also auch im Gemeinderat ein Thema bleiben.»
Die Dezember-Gemeindeversammlung wird traditionell übrigens vom Orchester Belp eröffnet. Unter der Leitung von Marianne Moser spielte es eine Sinfonia Concertata, die im Februar an einem Konzert mit weiteren Stücken und dem Belper Solisten Roland Fröscher nochmals zu hören sein wird: www.orchester-belp.ch
Über die Ehrungen erfolgreicher Belper und die Verleihung des Prix Belp (war das Traktandum nach den Abstimmungen) lesen Sie in einem weiteren Artikel auf Bäup.ch, heute Freitag 6. Dezember.
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