Der Flug hätte an die Ostsee, nach Usedom, gehen sollen. Mit der Fluggesellschaft «Partenza Airways». Aber es kommt anders. Die Dornier 328 muss mitten im Take-Off-Prozess – sie wäre in den nächsten Sekunden in der Luft – den Start abbrechen. Sie kann nicht mehr rechtzeitig stoppen, rast über den Pistenrand hinaus, schlittert über die Wiese auf die Strasse. Wo in dieser Sekunde ein Linienbus vorbeifährt. Es knallt, kommt zum Zusammenprall. Dies war das Szenario im Mösli am Samstagmorgen.
Mit etwas viel Fantasie arrangiert? Nein… siehe Kasten unten.
Die Objekte des Belper Szenarios sind so echt wie möglich organisiert und platziert – Belper machen da keine Kartonkulissen. Die Dornier steht sonst am Rand des Flughafen-Areals, als leere Hülle. Sie wird für eben solche Übungen oder fürs De-icing-Training genutzt. Der rote Bus ist ein auf einem Grossflughafen ausrangierter Zubringer-Bus.
«Partenza» ist nicht nur der Name der Übung, sondern auch ein Hinweis auf die letzte derartige Übung unter dem Belper Feuerwehrkommandanten David Nussbaum, der am 31.12.2019 den Stab an Erich Hefermehl (neue Regio-Feuerwehr) übergibt. Die Übungsanlage an diesem Morgen trägt also ein letztes Mal die unverkennbare Nussbaum-Handschrift.
Neben dem vielen Blech wissen auch 40 Figuranten genau, was sie zu spielen haben. Zwei Tote, mehrere Verletzte – es kommt Feuer dazu – der Bus ist ist auch noch CNG-angetrieben (Erdgas). Dass Richtige richtig tun, heisst es also für 160 Einsatzkräfte. 15 Spezialisten beobachten die Rettungsarbeiten, um danach eine Beurteilung abzuliefern. Sie werden nicht nur die konkreten Rettungsarbeiten beurteilen, sondern vor allem auch die Koordination der Arbeiten.
Es sind unterschiedlichste Organisationen an der Übung beteiligt: Natürlich die Betriebsfeuerwehr des Flughafens, dann auch die Feuerwehren Belp und Kehrsatz, die Berufsfeuerwehr Bern, die Sanitätspolizei Bern, die Einsatzgruppe S+ der Samaritervereine der Region Thun, das Care Team des Kantons Bern und die Kantonspolizei Bern. Die letztgenannte übernimmt in einem Geschehen dieser Art die Führung des Einsatzes.
Solche Übungen müssen auf Flughäfen mit regelmässigem Linien- und Charterverkehr alle zwei Jahre realisiert werden – auch die Behörden schauen zu. Wichtiger als der Einsatz selber ist aber die Auswertung. «Die Erkenntnisse aus dem Schlussbericht sind wertvolle Hinweise zu einer weiteren Optimierung der Notfallorganisation», schreibt die Flughafen Bern AG.
Flughafen Altenrhein SG, 6. August 2012, 13.40 Uhr: Business-Jet schlittert über Piste hinaus und verfehlt ein Postauto um wenige Sekunden
Ein Embraer-Businessjet hatte an diesem nassen, nebligen Nachmittag Probleme mit dem Fahrwerk und musste bei einem ersten Landungsversuch durchstarten (ohne Bodenberührung). Die überstürzte Landung danach misslang, das Flugzeug kam auf nasser Piste nicht rechtzeitig zum Stillstand, «überrollte das Pistenende der Piste 10, durchbrach die Flugplatzumzäunung und überrollte den quer zur Pistenachse verlaufenden Rheinholzweg, welcher von einem Linienbus befahren wurde. Das Flugzeug rollte knapp hinter dem Autobus vorbei und kam 30 m nach Pistenende in einem Maisfeld zum Stillstand.»: Im Altenrhein-Bericht der SUST (PDF) erfährt man alles zu diesem Vorfall – jeden Satz der Piloten, Fotos der Wettersituation an diesem Tag, Fotos der Spuren im Acker usw., seitenlange Analysen und Erkenntnisse, die zu mehr Sicherheit in der Aviatik führen sollen.
Ein Bericht mit Foto auch hier: St. Galler Tagblatt: «Chaotische Momente im Cockpit».
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