Belps Segelflieger haben letztes Wochenende Winden-Starts «gefeiert». Nicht ein Schleppflugzeug, sondern eine Seilwinde zieht das Segelflugzeug hoch, auf etwa 200 Meter über Boden.
Was einem passieren kann, wenn man da vorbeispaziert und zuschaut? Dass man plötzlich selber 200 Meter über Belp Achtibahn fliegt…
Die Leute der Segelfluggruppe Bern sind höchst unkompliziert und offen. Kurzes Gespräch durch den Zaun, «wollt ihr reinkommen und es näher sehen?» – «Ja, moll, warum nid…». Wir kennen da auch noch einen Junior, der seine Flug-Ausbildung bei den Seglern beginnt. nicht überraschend ist er vor Ort, wir plaudern mit ihm. «Es gibt nur dieses Wochenende Winden-Starts. Das Lastwägeli mit dem 8-Zylinder-Motor ist von Basel, wir mieten es. Mit der Winde kommt man, je nach Länge des Seils und Wind, auf 200–300 Meter, fliegt eine Runde, geniesst vielleicht noch ein paar Wellen und Kurven, dann Anflug und Landung.»
Das Prinzip ist das gleiche wie damals, als ich Drachen steigen liess. Wind bläst in Richtung des Drachens – an der Schnur ziehen – der Drachen fliegt hoch (wenn er die richtige aerodynamische Form hat und die Schnur richtig balanciert angeknüpft ist).
Das lange Winden-Wochenende ist an diesem Sonntagabend bald vorbei, alle hier sind mehrere Male geflogen, selber oder als Passagier. «Also, es hätte da noch einen Passagierplatz frei, einer der letzten Flüge, wer will noch?» – Ähm, die meinen uns… das ist ein Überfall… meine Frau verzichtet schon mal… soll ich?… neeein, bin nicht parat, und ist das nid gefährlich… aber das ganze Leben ist gefährlich…
«Bin dabei!»
Mein Pilot ist Bernhard Gerber, einer der Fluglehrer der Segelfluggruppe. Zettel für die Versicherung checken, Fallschirm anziehen, einsteigen, man hilft mir beim angurten, schön straff, Vierpunktgurt. Ich darf vorne sitzen, weil der Pilot Fluglehrer ist. Kurze Instruktion, was man auf den Instrumenten sieht, der Pilot macht in aller Ruhe die Funktions-Checks, professioneller Funkverkehr, dann gehts los.
Das Seil schriiisst uns in 3–4 Sekunden von Null auf Hundert! Kurzes intensives Geholper, dann schon in der weichen Luft, ich sehe nur Himmel, links/rechts sehr schnell sehr weit: Tower, Piste. Es knallt kurz, das Seil ist nun also automatisch ausgeklinkt worden, nun übernimmt mein Pilot alles. Ich höre die 90–100 km/h vorbeirauschen, Bernhard kommentiert die technischen Aspekte des Fluges, fliegt eine Welle, ein paar steile Kurven, es drückt mich in den Sitz.
Himmlisch!
Ich sehe rechts Bahnhof, Birkenweg/Kastanienweg, im Nu sind wir über dem Aldi, 180-Grad-Kurve gegen Norden, dann Anflug, höchste Präzision, «wir steuern die Höhe sehr präzis mit den Landeklappen» (im Video rot am Flügel). Ich winke meiner Frau, die grüne Piste wird zu Gras, aufsetzen, holperholper, in sanfter Linkskurve parkiert Bernhard das Flugzeug am Rand der Piste.
WOW! Danke, liebe Segelfluggruppe!
Dieser Flug geht natürlich eher schnell, die Sonne verschwindet ja gerade, also keine Thermik mehr, kaum zusätzlicher Höhengewinn. Wie muss Segelfliegen sein, wenn man in die Alpen fliegt…
Ich habe an diesem Spaziergang kein Geld dabei, radle nach dem Abenteuerspaziergang nochmals zu den Segelfliegern, um die 30.– zu bezahlen. Die Piloten sind beim Debriefing. Sie sehen etwas müde aus, sind aber interessiert, zu lernen. Ich höre mit einem Ohr hin, es geht um Funkdisziplin, um Erfahrungen einzelner, die allen dienen. Letztlich gehts um die gemeinsame Leidenschaft: Fliegen mit minimaler Motorzugabe, maximaler Nutzung der natürlichen Elemente.
Bernard berichtet mir, wenn alles stimme (Vorbereitung, Meteo etc.), fliege er auch weit in den Jura und Schwarzwald – oder nonstop (in neun Stunden) ans Mittelmeer.
Es ist ein lockeres Völkchen, das sich regelmässig im Belpmoos trifft. Einem Piloten, der vom Motorfliegen zu den Segelfliegern gewechselt hat, gefällt auch, dass man sich gegenseitig und selbstlos in der Ausbildung unterstützt. «Hier bildet der Fluglehrer den Schüler aus, ohne dass er sich teure Flugstunden bezahlen lässt. Die Erfahrenen helfen den Einsteigern, man kümmert sich gemeinsam um die Club-eigenen Flugzeuge, man ist füreinander da.»
Mitfliegen geht auch ohne Windentage, siehe auf der SG-Bern-Website «Mitfliegen». Die SG Bern führt auch eine Segelflugschule. Eine Segelflug-Ausbildung im Belpmoos ist auch deshalb attraktiv, weil hier der Funkverkehr «international» abläuft.
Die SG Bern habe rund 80 Mitglieder, wovon rund 40 mehr oder weniger aktiv fliegen. «Wir sind immer offen für Interessierte», sagt der Chef-Fluglehrer Christoph Schläppi.

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