Belps Unternehmer machen vorwärts. Wer genau hinschaut, findet immer wieder faszinierende Innovationen und neue Ideen in Belp.
Zum Beispiel gleich gegenüber dem Bahnhof, beim Startup Smile AG. Kieferorthopäde Simon Graf hat sich mit seinem Unternehmen dem Fachbereich der Zahnmedizin verschrieben, der Zahn- und Kieferfehlstellungen behandelt. Er macht dies nicht auf herkömmliche Weise, sondern voll digitalisiert. «Belp ist für mich der ideale Standort», sagt Simon Graf. «Ein genügend grosses Einzuggebiet für einen Kieferorthopäden, gute Erschliessung mit Auto und ÖV, moderne Infrastruktur.»
Immer mal wieder ist Graf aber gar nicht in Belp, sondern irgendwo auf der Welt: in Moskau, Taiwan, in den USA… nicht auf Ferienreise, sondern an Kongressen zu Themen rund um Kieferorthopädie. «Früher reiste ich aus eigenem Interesse hin. Heute gehe ich eigentlich nur noch hin, wenn ich eingeladen werde.» Graf ist an vorderster Front aktiv, wenn es um Digitalisierung in seinem Fachbereich geht. Innovative Kieferorthopäden der ganzen Welt schauen nun immer öfters zur Belper «Smile AG» oder machen auch Besuche in Belp.
Was macht Simon Graf anders als herkömmliche Spezialisten? «Meine Kunden müssen nicht mehr in eine Knetmasse beissen, mit der man einen Abdruck herstellt und schliesslich eine Apparatur fertigt. Das funktioniert mit ziemlich vielen Konsultationen, unangenehmer Behandlung und einer relativen Ungenauigkeit.»
Die Smile AG machts anders. Sie hat sich zur konsequenten Digitalisierung entschlossen. «Ich scanne innert wenigen Minuten den Unter- und Oberkiefer mit einem 3D-Scanner, der mittels paralleler Lichtstrahlen die Zähne auf dem Kiefer präzis ausmisst.» Was Eindruck macht, ist das schöne bunte 3D-Bild, das dabei entsteht. Ein erster Nutzen ist die Transparenz und das Vertrauen der Kunden, die nach dem Scan ihre Zähne buchstäblich vor Augen haben. Viel mehr Nutzen ergeben aber die digitalen Daten, welche von einer spezialisierten Design-Firma, mit Unterstützung von Simon Graf, bearbeitet werden, sodass am Ende eine 3D-gedruckte Zahnspange entsteht. Erst wenige Firmen in der Schweiz sind in der Lage, dies zu erledigen. Grafs innovative Arbeitsweise hat für seine Kunden viele Vorteile. Ein ganz grosser: «Sie müssen weniger oft in die Praxis kommen, bis das Ziel erreicht ist.» Auch werden die Resultate des Scans viel präziser.
Die Kehrseite der Digitalisierung ist die bittere Pille für alteingesessene Zahntechniker, die den digitalen Wechsel nicht mehr schaffen. Scan-Systeme, deren Daten automatisch zu Apparauren verarbeitet werden, sind eine komplett neue Welt. In dieser Welt brauchts viele Spezialisten von früher nicht mehr, weil die Systeme viel Arbeit gleich selber erledigen oder ganz neue Kenntnisse notwendig sind. Seltsamerweise wird hier trotzdem weiterhin von Handwerk – «additive manufacturing» — gesprochen; Nostalgie…

Nach seinem Studium in Bern (Zahnarzt-Diplom) und der Zeit bei einem Thuner Zahnarzt hat er an der Uni Basel die dreijährige Spezialisierung zum Kieferorthopäden absolviert. «In Basel ist man sehr offen für Neues. Wir Assistenten in der Fachausbildung konnten selber Techniker aus der Industrie einladen, man hat uns neueste Geräte gezeigt. Ich kam nicht nur fachlich weiter, sondern auch bezüglich Technik, industrieller Forschung und eben Digitalisierung.»
Die Erkenntnisse, welche Graf in seiner Arbeit in Belp macht, konnte er Ende 2017 in wichtigen Fachzeitschriften publizieren. Bei ihm in Belp, ein paar Meter neben dem Gleis 3, ist Theorie und Alltagspraxis nah beisammen. Das interessiert andere Kieferorthopäden weltweit. Die Branche erkennt immer mehr, dass Digitalisierung Chancen bringt, die man packen muss. «Was da auf mich zukommt, hätte ich mir in den Anfängen nicht vorstellen können», freut er sich.
Graf hat eine volle Agenda. Wohnen tut er in Bern. «Aber ich bin oft an Wochenenden an Kongressen irgendwo auf der Welt.» Er reist manchmal gemeinsam mit seiner Partnerin zu solchen Kongressen, wobei sie versuchen zwischendurch 1-2 Tage anzuhängen, um etwas mehr als nur den Flughafen und das Kongresshotel zu sehen. «Meine Agenda ist gut in den Händen meiner Assistentin aufgehoben, welche mir den Rücken freihält.», sagt Graf.
Digitalisierung konkret gibts nicht nur in Zürich, London oder Stockholm, sondern auch in Belp. Gleich ännet dem Gleis 3.
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