
Die Gemeinde hat den interessierten Belpern mit Corona-bedingter Verspätung endlich vorgestellt, wo und wie sich Belp im Rahmen der Ortsplanungsrevision baulich verändern wird. Sie wollte mit diesem Anlass auch spüren, welche Taktik sie anwenden muss, damit ihre jahrelange Planungsarbeit vom Stimmvolk letztlich gutgeheissen wird.
Es geht um knapp ein Dutzend grössere Baustellen, die Belp in den nächsten 10–15 Jahren bevorstehen: Verdichtung, neue Siedlungen auf der grünen Wiese, Planungsvorgaben für ein ganzes Quartier. Auch ein Spezialprojekt im landwirtschaftlichen Gebiet wurde vorgestellt. «Der Kanton verlangt kompakte Planung und eine Entwicklung nach innen. Einzelsiedlungen also, getrennt vom Dorf wie die Eissel oder das Riedli, sind heute kein Thema mehr», sagte Gemeindepräsident Benjamin Marti.
«Die Ortsplanung reicht bis etwa ins Jahr 2040. Das vorgesehene Bevölkerungswachstum in diesem Zeitraum beläuft sich auf rund 80 Einwohner pro Jahr. Belp ist derzeit ja keine Wachstumsgemeinde. Im Moment befinden wir uns einwohnermässig auf dem Stand von 2015. Die Boomjahre liegen ein Jahrzehnt zurück», so Marti. Stillstand sei Rückschritt, gesunde Erneuerung brauche es immer, «und für ein gesundes Wachstum müssen neue Überbauungen und Wohnungen gebaut werden.»
Die Gemeinde stellte am Infoanlass nicht alle der geplanten Projekte vor. Es ging auch nicht nicht um Grundsatzfragen – die Mitwirkung ist vorbei, 90 Eingaben seien behandelt worden. «Und wichtig ist auch zu beachten, dass die aktuellen Modelle und Pläne keine 100-prozentig verbindliche Vorgaben bedeuten. Festgelegt sind die Anzahl Geschosse, aber es kann ansonsten schon noch einiges ändern in den Details der Projekte», so Göri Clavuot, Leiter Abteilung Bau.
Mit den meisten vorgestellten Projekten schien der Saal einverstanden zu sein. Es gab ein paar Voten grundsätzlicher Art, «Belp muss nicht mehr weiter wachsen, es reicht nun langsam», zu erwarten war auch, dass jeweils das Projekt «vor dem eigenen Gartenzaun» am ehesten noch Fragen oder Kritik auslöst.
Die grösste Kontroverse spürte man beim Projekt Säget-/Güterstrasse. Die Gemeinde will im ganzen Quartier zwischen Bahnhof und VOLG Einfluss nehmen, wie sich das Gesamtbild verändern soll. Nicht wenigen Eigentümern im Gebiet Säget-Güterstrasse läuft das zuwider.
Die Gemeinde schreibt zum Beispiel konkret die Anzahl Stockwerke vor, welche die Gebäude am Rand dieser «Siedlungsspange» haben sollen (es ist das Modell im Titelbild). Teil dieser Gesamtplanung sind auch die Gebäude der Gemeindeverwaltung und ein neuer Busbahnhof ohne enge Wendeschlaufe.
Was beim heutigen VOLG geplant ist, wurde schon vorgezogen. Es hat die Baueingabe hinter sich, die Profile stehen, Einspracheverhandlungen haben stattgefunden. Geplant ist ein fünfstöckiges Bürogebäude für die Bauhaus-Zentrale Schweiz, ein grosser VOLG-Supermarkt und ein vierstöckiges Wohnaus. Es wurde vorgezogen, weil Bauhaus rasch mehr Raum benötigt. Die noch aktuelle Bauordnung lässt diese Bauhöhen und die Dichte nicht zu, darum sind Ausnahmen ein Teil dieser Eingabe.
«Das Projekt Bauhaus/VOLG ist nun aber durch Einsprachen blockiert.», berichtete Marti über den Stand der Dinge. Er verbarg seine Enttäuschung darüber nicht, das betreffe ihn auch persönlich. «Wir wollten dieses Projekt vorziehen, haben mit den Anwohnern sehr nah kommuniziert, haben auch Anpassungen gemacht.»
Marti erklärte, warum die Firma Bauhaus so wichtig sei. «Bauhaus platzt aus allen Nähten, will aber gerne in Belp bleiben. Es geht um 70 Arbeitsplätze und den Wunsch, diese weiterhin hier und in der Nähe des Bahnhofs zu haben», so Marti. «Und die bezahlen Steuern, liebe Leute… ich nennen keine Zahlen, aber sie alimentieren unsere Gemeindekasse ganz wesentlich…»
Aber eben, das Projekt sei blockiert. «Ein realistisches Szenario ist nun, dass Bauhaus wegzieht von Belp», so Marti.
Marti gegenüber Bäup.ch: «Der Knackpunkt ist die Dichte des geplanten Projekts – die Anzahl Geschosse und das Gesamtvolumen. Stand jetzt ist, dass Bauhaus quasi zurück auf Feld eins muss, also mit der heutigen Bauordnung eben ohne Ausnahmen nochmals beginnen muss, zu planen. Nur drei Stockwerke, weniger Volumen. Ob da noch etwas realisierbar wird, was Bauhaus in Belp behalten könnte, ist sehr offen.»
Die Sammel-Einsprecher im Säget-Projekt möchten ihren Standpunkt nicht in den Medien ausbreiten. Ein Votant, der zwar im Säget wohne, aber die Einsprache nicht unterschrieben habe, sagte am Infoabend: «Der Gemeinderat stellt die Einsprecher nun schon in ein etwas schiefes Licht. Wir wollen doch auch, dass Bauhaus hier bleibt. Mein Eindruck ist es, dass Bauhaus flexibel wäre, dass aber eher die Gemeinde ihr sogenanntes Städtebauliches Konzept zu wichtig nimmt. Das Wort Stadt ist für viele hier störend. Man will mehr Klötze hinstellen. Wir Belper sollten uns überlegen: Wollen wir nur noch Klötze rund um den Bahnhof? Da hat es ja weiterhin diverse kleine, schöne Häuser. Wie wäre es zum Beispiel, jeweils ein Geschoss runter zu kommen? Alles etwas kleiner?»
Ob die Ortsplanungsrevision als Gesampt-Paket im Sommer 2021 vors Volk kommt, ist derzeit offen. «Wir müssen flexibel bleiben. Eine Gesamtsicht wäre für uns das ehrlichste, aber es könnte sein, dass es mehrere Vorlagen gibt, über die dann einzeln abgestimmt wird.»
Als nächstes, vermutlich noch in diesem Herbst, folgt die Öffentliche Auflage.
Haiswirth Samuel meint
Ein Bravo für Herrn Tobler
Wieso muss in Belp noch so gebaut werden ??
Pascal Tobler meint
Bei dieser Ortplanungsrevision fehlt mir leider das Gesamtkonzept. Ist es denn sinnvoll, oberhalb der stark befahrenen Seftigenstrasse ein neues Quartier entstehen zu lassen? Bei einem Gesamtkonzept würde ich erwarten, dass man zuerst die Siedlungsgrenzen festlegen würde. Da wäre es doch naheliegend zu definieren, dass das Gebiet oberhalb der Seftigenstrasse auf keinen Fall ein Siedlungsschwerpunkt sein darf. Sollte nämlich in den nächsten Jahren beim früheren Restaurant Traube ein neues Quartier entstehen, hätten wir eine neue, zusätzliche Einzelsiedlung – „getrennt vom Dorf wie die Eissel oder das Riedli“. Aber genau das will man doch eigentlich nicht mehr, wie Gemeindepräsident Benjamin Marti selbst gesagt hat! Mit verdichtetem Bauen hat dieses Projekt auf jeden Fall nichts zu tun, sondern viel mehr mit Erweiterung des Siedlungsgebiets. Ich sehe schon die Forderung auf Belp zukommen, dass man für die Schulkinder eine Unterführung bauen muss, damit sie die Seftigenstrasse nicht überqueren müssen…
Ein Konzept hat man hingegen beim Areal Säget-/Güterstrasse, aber leider das Falsche: Ein städte(!)-bauliches Konzept. Überall 4-geschossig, wo heute schmucke Häuser stehen. Dazu sollen noch sogenannte Kopfbauten kommen, 5-geschossig! Nicht erwähnt wurde an der Orientierungsversammlung, dass es auch für das Nachbarareal Bauabsichten gibt: „Ein Gebäude mit vier Vollgeschossen und Attikageschoss ersetzt das Lagergebäude des „Wyhus Belp“! Wenn das ebenfalls so kommt, entsteht bei Volg und Weinhaus ein massiver Siedlungsschwerpunkt mit hohen und klotzigen Gebäuden. Aber ist das der richtige Ort dafür?
Auch hinter der Post soll eingezont werden: Für 4- bis 6-geschossige Bauten. Und beim alten Migros 7-stöckig.
Gibt es ein Gesamtkonzept, wo man verdichten und in die Höhe bauen will? Offensichtlich nicht!