Mais ist gelb, Polenta natürlich auch. Natürlich? Bei einem Landwirt vom Belpberg sieht Mais anders aus. Irgendwie natürlicher, jedenfalls überraschend, nämlich grün. Oder rot. Das nennt sich Landmais und ist ein Schritt zurück zum Echten und Nahen sowie zum Erhalt von wertvollen Maissorten.
Zuerst war da ein Agronom aus Niederscherli: Philipp Meyer und seine Frau Barbara. Sie führen zwar keinen eigenen Hof, setzen sich aber leidenschaftlich für alte Sorten ein. Philipp ist «Tüftler» und bewirtschaftet dazu kleinere Stücke Land. Das da einer aus Niederscherli mit alten Maissorten pröbelt, ist der Belpberger Landwirtschaftsfamilie Roger und Marina Staub aufgefallen. Man war rasch von der Idee überzeugt und wollte vor allem, dass die Sache nachhaltig wird, dass Landmais ein Produkt wird, das auch wirtschaftlich «verhäbt». So gründeten beide Landwirtschaftsunternehmer den Verein Landmais. Mithilfe von Crowdfunding gelang es ihnen, den Landmais-Anbau als Nischenproduktion zu beginnen.
Mindestens acht Populationssorten werden in Niederscherli gezüchtet und im Raum Belp angebaut. Es sind Sorten, die den kompletten Kreislauf umfassen, in dem also auch das Saatgut aus der laufenden Ernte gewonnen wird (siehe Infos «Hybridsorten» unten). Staub baut mittlerweile auf einer halben Hektare im Belpmoos zwei Landmaissorten an, verarbeitet diese zu Mehl und Griess und vermarktet sie.
Landmaisanbau für die menschliche Ernährung ist eine Nische, stösst aber auf eine steigende Nachfrage. Nicht nur das Produkt ist «pur», sondern auch die Herstellung, die aber mit sehr viel Arbeit verbunden ist. So erfolgt fast alles von Hand, auch die Bestäubung der Maispflanzen. «Zuerst haben wir auch von Hand geerntet. Heute macht das nun aber ein Mähdrescher.»
Vorteile hat das ganze Projekt viele. Einer davon: «Früher mochte ich Polenta gar nicht… heute schmeckt sie mir! Ich bevorzuge die Grüne», so Roger Staub. «Es ist eine gute Sache, diese Sorten in der Schweiz anzubauen, auch weil das Saatgut immer wieder gebraucht werden kann. Ausserdem sind wir mit dieser Anbauweise nicht abhängig von einem Grosskonzern.» Marina Staub ergänzt: «Wir haben soeben vom Labor die Bestätigung erhalten, dass unser Landmais glutenfrei ist.»
Weil die Erntemenge sehr klein ist, sei das Mahlen extern auch kaum sinnvoll realisierbar. «Im 2017 haben wir 1.2 Tonnen grüne Maiskörner geerntet. Für diese kleine Menge fanden wir keinen Müller, der unseren Mais verarbeiten will», so Staub. So hat er eben selber eine Verarbeitungsmaschine gebaut, die auch weitere Vorteile mit sich bringt: «Unser Landmais ist ein gesundes Vollkornprodukt. Es kann nach der Verarbeitung weniger lang gelagert werden als übliches Maisgries. Dadurch verarbeiten wir unsere Ernte etappenweise je nach Nachfrage unserer Konsumenten.» Und – nicht zuletzt: «Mit einer eigenen Verarbeitung verbleibt mehr Wertschöpfung in der Landwirtschaft. Nur mit dieser zusätzlichen Wertschöpfung ist es möglich, die Erhaltung der angebauten Landmaissorte über den Produkteverkauf zu finanzieren.»
Die Ideen gehen dem Verein Landmais nicht aus. Man ist sehr offen für weitere Landwirte, die einsteigen wollen, «auch die Verarbeitungs-Maschine steht zur Mitbenützung zur Verfügung». Es gibt bald einmal vielleicht auch Degustationen, einem Märitstand und einen Ausbau des Web-Shops, «damit unser Produkt schweizweit bekannt wird».
Landmais-Produkte kann man in Belp bei der Bäckerei Pesse und in Rohrers Hofladen kaufen. Sie kosten etwas mehr als bei Aldi&Co., dafür geht pro Päckli ein Teil eben in die Erhaltung der Sorten und in Weiterentwicklung des Projekts.
Interessierte können morgen Samstag, 3. November ab 11 Uhr bei Staubs (Adresse: Hof 24, Belpberg) die Verarbeitungsmaschine «live» in Aktion sehen.
Landmais versus Hybridsorten
Der «normale» Mais in der Schweiz ist Hybridmais. Ein kleiner Exkurs des Landwirtschaflichen Informationsdienstes zu Mais-Sorten: «Hybridsorten stammen aus Kreuzungen zweier getrennt gezüchteter Inzuchtlinien. Bei einer Kreuzung ergibt dies leistungsfähigeren, grösseren oder widerstandsfähigeren Mais. Hybrid-Samen können aber nicht für den Nachbau verwendet werden. Jedes Jahr muss neues Saatgut zugekauft werden. Wenn alle Pflanzen genetisch identisch sind, reagieren diese ähnlich auf Umweltbedingungen. Dies kann zu grossflächigen Krankheiten und zu beträchtlichen Ertragsausfällen führen.
Populationssorten wie der Landmais sind hingegen genetisch mischerbig und behalten deshalb im Nachbau ihre Eigenschaften. Auch sind die Resistenzen gegen Krankheiten besser verteilt, was die Ertragssicherheit erhöht. Die alleinige Aufbewahrung in Genbanken reicht nicht aus, um die Landsorten zu erhalten. Erst durch den Anbau können sich die Sorten an das sich verändernde Klima anpassen, was ein wichtiger Prozess ist.»
Blatter Claudio meint
Guten Tag,
Ich würde gerne CH Bio Mais kaufen, wenn möglich ganze Körner
da wir sie selber malen möchten, gibt es eine Möglichkeit direkt ab Hof zu bestellen ?
(10kg Gebinde)
Freundlicher Gruss
C. Blatter
Tom Mayer meint
Kontaktieren Sie die Landwirte doch besser direkt. Das hier sind die Felder für Kommentare zu einem Artikel, das ist NICHT der Kontaktkanal zu irgendjemandem direkt.
Marco meint
Ich verfolge das Projekt schon seit Beginn. Wirklich eine geniale Sache, die die Beteiligten da auf die Beine gestellt haben. Und sehr toller und informativer Artikel!
Beat Urs Spirgi meint
Noch nie zuvor habe ich mit Mais derart hervorragende Polenta gekocht, wie mit diesem!