Die Dezember-Gemeindeversammlung hat 319 Stimmberechtigte in den Aaresaal gelockt. Es waren drei Lobby-Gruppen: Die Feuerwehr, die Vereine – und die Steuerzahler…
Themen des Abends waren die Regio-Feuerwehr, die neu geregelte Gratisnutzung von Gemeinderäumen für Vereine und das Budget 2019 mit gleichbleibender Steueranlage. Die Belper haben alle drei Vorlagen mit je einem ungefährdetem JA durchgewunken.
Es kamen so viele (auch Jüngere) an die Gemeindeversammlung, weil die Vereine und Feuerwehr ihre Leute motivierten, zu kommen. Scheinbar war man sich eher unsicher, ob die «eigene» Vorlage wirklich durchkommen würde.
Die Gemeinderäte, welche ihr Geschäft vorstellten, bemühten sich um Kürze, es waren aber recht langgezogene Referate. Eine lebhafte Diskussion gab es um den Antrag der GFL, die Steuern in Belp endlich anzuheben.
Finanzen: Budget 2019 wird durchgewunken, Steuern unverändert
Das Budget 2019 sieht bei 54 Mio. Franken Aufwand ein Ergebnis von 2.1 Mio. vor (dies noch ohne Abschreibungen, Reserven und Spezialfinanzierungen).
Belp wird im 2019 für 6.4 Mio. Franken investieren, die Sanierung der Zivilschutzanlage Neumatt macht den grössten Brocken aus (siehe Grafik).
In einem Exkurs erklärte Oester den gespitzten Ohren im Saal die Situation der Neumatt-Turnhalle, die weiterhin geschlossen bleibt (siehe unten).
Obwohl die Gemeinde den Schuldenberg weiter vergrössern wird im 2019, empfiehlt der Gemeinderat der Versammlung, die Steueranlage unverändert zu lassen (1,34). «Denn wir haben ein hohes Eigenkapital, werden durch neue Bautätigkeit nach abgeschlossener Ortsplanung mehr Einnahmen generieren und sind zum Beispiel bei der Schulraumplanung noch mitten drin, können da noch keine quantitativen Angaben zu neuen Investitionen machen.» Der Gemeinderat habe sich ja eine Schuldengrenze von 38 Mio. Franken gesetzt, diese sei noch nicht erreicht.
Nun war das Wort an Adrian Graf von der Grünen Freien Liste GFL Belp. Die GFL kündigte ein paar Tage vorher schon an, sie werde die Diskussion um eine Steuererhöhung «offiziell» eröffnen. Gemeindepräsident Benjamin Marti dazu: «Irgendjemand muss ja diese Debatte lancieren».
Graf: «Belps Schulden gehen rauf, rauf, rauf. Was ist, wenn die Schuldengrenze dann erreicht wird?» Die GFL finde, man müsse das jetzt anpacken, das sei nicht zu früh. «Spare in der Zeit, so hast du in der Not. Diese Not, die kommt.» Graf erinnerte an eine «Studie Rohrer», in der längerfristige Investitions-Notwendigkeiten in Belp dargelegt seien. 79 Mio. sei der Bedarf beziffert worden. «Hat man aus dieser Information etwas gemacht? Für uns von der GFL liegt in Belp einfach kein Konzept vor. Mit schönen Zahlen wie einem Bilanzgewinn kann man nicht bezahlen.»
Damit man sich vorstellen könne, was die Erhöhung um 1 Zehntel heissen würde, rechnete Graf dem Saal die Zahlen vor (siehe Grafik). Der Gemeinde würde dies einen Mehrertrag von 1,75 Mio. Franken bringen.
Die Voten gegen eine Steuererhöhung verlangten vor allem, dass zuerst mehr Klarheit herrschen müsse über die Investitionen in den nächsten Jahren.
«Nur dann Erhöhung, wenn genaue Finanzplanung vorliegt – der GFL-Antrag kommt zu früh. Wir würden dann wenn schon wissen wollen von der Gemeinde, wieviel Erhöhung es bräuchte, um die zukünftigen Vorhaben zu stemmen» – «Die Belper KMUs sind klar dagegen. Sie kämpfen heute schon genug, im Kanton Bern bezahlt schon heute nicht gerade wenig Steuern. Eine Steuererhöhung wäre auch ein falsches Signal, Belps Wirtschaftsfreundlicheit und somit die ganze Region würden leiden, es könnte letztlich auch zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.» – «Wir haben sehr vertauenswürdige Finanzberantwortliche in der Gemeinde. Bevor diese nicht mit dem weissen Fähnli schwenken, brauchts keine Steuererhöhung.» – «Es kommen zwar sehr grosse Investitionen in Schulanlagen auf uns zu, aber es ist heute noch zuwenig klar, was es wo genau braucht.» – «Trotz Schuldenanstieg sind wir weiterhin in einer feudalen Lage. Viel eher möchte ich den Gemeinderat doch vermehrt zum Sparen anhalten.» – Ein weiteres Votum holte bis nach Griechenland aus, siehe Kommentar zu diesem Artikel.
Die bürgerlichen, an diesem Abend gemeinsam mit der SP, waren sich aber grundsätzlich klar: «Wir sollten erst dann eine Steuererhöhung diskutieren, wenn die Investitionen wirklich klar sind. Und auch dann zuerst mal schauen, ob wir die Investitionslast dank tiefen Zinsen auf andere Art tragen können.»
Das brachte die GFL in Verwunderung: «Es erstaunt mich nun also schon, dass es die SVP ist, die sagt, man könne weiter munter Schulden machen. Diese Schulden dann abtragen können sozusagen andere Generationen. Dereinst sind Schulden vermutlich nicht mehr so leicht tragbar wie heute, da ist man vielleicht mal plötzlich bei 3-4 Prozenten. Wer heute auf die seite legt, muss in Zukunft weniger Schulden abstottern.»
In der von hinten her gesehenen linken Saalhälfte gab es ein Gegenstimmen zum Budget 2019, die grosse Mehrheit des Saales aber stimmte JA zum Budget 2019 mit gleichbleibenden Steuern.
Gemeinderat Stefan Oester: «Also einfach haben wir es uns nicht gemacht in dieser Diskussion im Gemeinderat und in der Finanzkommission. Unsere Haltung heute Abend ist nicht ein schneller Hüftschuss. Wir sagen klar: Im Moment noch nicht Steuern erhöhen. Gut hinschauen und sicher nicht verbissen auf den 1.34 beharren. Zwar sind unsere Schulden hoch, pro Einwohner haben wir in Belp aber 1000 Franken Guthaben, bei vielen anderen Gemeinden steht da ein minus-2000.»
Reglement Raumnutzung: Klarheit über Gratisnutzung durch Vereine & Co.
Stefan Neuenschwander, Leiter Departement Liegenschaften/Freizeit/Sport, stellte das neue Reglement zur Nutzung von Belps Räumen vor. Es ist die letzte Etappe der Vereinsinitiative Belp, die mehr Klarheit und vor allem weiterhin Gratisnutzung von Gemeinderäumen verlangte.
Neuenschwander: «Wenn wir jetzt schon über diesem Reglement gebrütet haben, haben wir noch Sachen eingebaut, das in Belp inzwischen auch relevant geworden ist. Unter anderen bezüglich Benutzung des Aaresaals und der Zusammenarbeit mit dem Kreuzwirt. Und eine kostenlose Nutzung erhalten nun auch OKs von grossen Festen, Kirchen der Evangelischen Allianz oder wenn eine lokaler Verein zum Beispiel eine nationale Delegiertenversammlung im Belp durchführt.»
Die Anwesenden seufzten, als Gemeindepräsident Bemjamin Marti einen Reglements-Artikel nach dem andern zur Abstimmung bringen wollte, so sei es ja konform bei total neuen Reglementen. Ein Ordnungsantrag («in Globo abstimmen») erlöste den Saal, der in klarer Mehrheit (1 Gegenstimme) JA sagte zum neuen Reglement.
Ein Ausschnitt aus dem Reglement – der Artikel 12, der nun Festlegt, wer gratis Räume nutzen darf.
Hier das ganze Reglement:
Benuetzungsreglement Gemeindeanlagen Belp 6-12-2018 (PDF)
Regio-Feuerwehr: Auch Belp sagt diskussionslos JA
Johann Walther, Chef Departement Sicherheit, hatte das Traktandum Regio-Feuerwehr unter sich. Sein ausführliches Referat legte den Anwesenden nochmals die Argumente für den Zusammenschluss einer Regio-Feuerwehr dar.
Es ging um die immer schwieriger werdenden Miliz-Strukturen, um geografische Verfügbarkeiten von Feuerwehrleuten, um immer professionellere Anforderungen an die Feuerwehrarbeit.
«Die Gesamtkosten einer neuen Regio-Feuerwehr sinken», so Walther. «Hier blende ich nun noch alle neuen Paragraphen an den Beamer. Ihr sagts, wenns zu schnell geht.» (Gelächter – und Walthert nahm sein Speed-Berndeutsch hervor).
Der neuen Regio-Feuerwehr wurde dann (innert etwa 27 Sekunden) ein diskussionsloses JA gegeben.
Ein paar Eckdaten zur Organisation der neuen Regio-Feuerwehr:
Neumatthalle:
Gemeinderat windet sich weiter
Nicht ganz zufrieden waren die vielen Anwesenden der Vereine mit der Antwort des Gemeinderates, wann man die Neumatt-Turnhalle nun endlich wieder nutzen könne. Denn es kam keine Antwort. Auch nicht eine halbe.
Es gab zwar eine detailreiche Auflistung, was bisher passierte (siehe Bild). Und eine Erklärung, dass man auch wegen noch offener Schulraumplanung und der laufenden Ortsplanungsrevision usw. heute leider nicht wissen könne, welche Anforderungen Belps Sportanlagen in Zukunft genügen müssten. Darum wisse man noch nichts zur Zukunft der Neumatt-Turnhalle.
Benjamin Marti: «Dass die Turnhalle so lange leer bleibt, wird nicht verstanden – der Gemeinderat hat das gehört.» – Ob denn eine provisorische Nutzung ermöglicht werden könne, und ob der Gemeinderat vielleicht einen Termin nennen könne für eine definitive oder provisorische Wiedereröffnung, fragte jemand. Marti liess sich nicht auf diese Fragen ein. Es war förmlich eine Ungeduld in Sachen Neumatt-Turnhalle im Saal zu spüren –
Hier zum Schluss der Anfang der Versammlung: Die Dezember-Gemeindeversammlung wird traditionell durch das Orchester Belp eröffnet – immer ein erholsamer Moment vor all den Budgetzahlen.
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